Ein Haufen bunter Vögel in schillernden Kostümen auf der Bühne: Ein Eisvogel, ein Roter Kardinal, ein Wiedehopf, ein Pfau, eine Taube, eine Dohle, eine Nachtigall, ein Perserhahn und noch viel mehr verrücktes Federvieh bewegen zum Klang von ruhiger Musik beschwingt ihre Flügel. Dann tritt der Kolibri (Michal Zoller) aus der Vogelschar heraus und beklagt eindrücklich den Untergang der Schönheit der Welt. Nichts ist geblieben. Der Mensch habe eine tödliche Spur hinterlassen, der Herrschaftswahn alles zerstört. Autobahnen, Betonstädte, Reklametafeln, „jede Ausgabe der Tageszeitung kostet einen kleinen Wald“ und dann die Behauptung: „Glauben Sie nicht, dass es einst besser war!“ So erklärt der Kolibri, dass bereits Aristophanes, ein griechischer Dichter, 400 Jahre vor Christus, dieses Theaterstück auf die Bühne gebracht hat und es damals wie heute brandaktuell ist.
Pisti und Euli sind „Aussteiger“ und sie fliehen vor ihren Verfolgern, weil sie einiges auf dem Kerbholz haben. Sie suchen den weisen Marabu, den Guru (Yael Zoller). Er ist der Anwalt der Bedrängten und weiß im schlimmsten Falle Rat. Er soll ihnen den Weg zur Traumstadt zeigen. Pisti und Euli schwärmen: „Ein Ort, wo keiner dir was vorschreibt, kein Vater, kein Gericht, kein Gesetz, wo jeder jeden freundlich einlädt, wo Essen genug da und der Wein umsonst ist!“ Und Marabu nennt das Reich der Vögel als den Ort der Freiheit, wenn nicht der Mensch die Vögel jagen und unbarmherzige Götter den Tod bescheren würden. Und schon entwickeln die Aussteiger einen listigen Plan. Sie wollen zusammen mit den Vögeln leben und eine Wolkenstadt zwischen Erde und Himmel errichten, abgeschirmt von Menschen und Göttern, so dass sie unkontrolliert schalten und walten können. Es gelingt ihnen die einberufene Vogelschar zu überlisten, für sich einzunehmen, zu manipulieren. Die Vogelschar fällt auf sie herein. Die Stadt wird gebaut, Pisti wird ihr Herrscher und es kommt, wie es kommen muss. Die neuen Führer beuten die Vögel aus, richten sie zugrunde, bis diese sich sogar gegenseitig die eigenen Federn ausrupfen, um sie als Souvenirs an die heranreisenden Fans zu verkaufen. Denn: „Hauptsächlich die Kasse stimmt!“ Diktatur und Terror regieren die Vogelwelt.
Bis dahin gleicht der Inhalt der antiken Vorlage. Doch in diesem Stück ballten die Gerupften die Krallen! Es gibt kein Happy End für die Wolkenkuckucksstadt. Denn anders als im antiken Drama werden die Anarchisten verhaftet, von der Bühne geschleift und ihre Bildnisse als Vogelscheuchen für die Nachwelt zur Mahnung aufgestellt. Sind nun die bösen Tyrannen ein für alle Mal beseitigt? Die Frage bleibt angesichts der aktuellen Weltpolitik offen im Raum stehen.
Die gesamte Inszenierung überzeugte in jeder Hinsicht: Live Musik (Andreas Knoblich) und Lichteffekte (Andreas Entner, Hans Kübler) betonten die Stimmungen. Das Bühnenbild bestehend aus „Himmelsleitern“, auf denen die Vögel saßen und worunter sie sich aus Angst vor den Tyrannen verkrochen, und die kreativen witzigen Kostüme trugen zum gelungenen Gesamtbild bei.
Aber die Sensation der Aufführung waren die Schauspieler selbst: Ob als Menschen, als Vögel oder als Götter, grandios spielten sie ihre Rollen. Textsicher und in klarer wortgewaltiger Sprache überzeugten sie mit langen Passagen, die zum Teil in Versen gesprochen wurden. Das gesamte Ensemble war bis in die kleinste Rolle brillant besetzt. Nicht nur die Hauptrollen überzeugten, gerade den Nebenrollen gebührt besonderes Lob. Jedem war die Spielfreude anzumerken. Besonders gelungen waren die Tanzeinlagen der Mädchen von der Ballettschule Malsam, die hervorragend choreographiert die Aussagen des Stücks untermalten. Der Abend endete unter rauschendem Applaus. Insbesondere die hervorragende Zusammenarbeit verschiedener Teams, die dieses Gemeinschaftsprojekt entstehen ließen, wurde von Schulleiter Frank Nagel lobend hervorgehoben. (Leitung der AG: Daniel Kuhn, Ballettschule Malsam, Bühnentechnik, Freilichtspiele (Kostüme) und Theaterpädagoge Andreas Entner)
Die Aufführung war sensationell gut, witzig und gleichwohl machte sie nachdenklich! Besonderen Dank galt dem Freundeskreis der Schule („Alte Haller Pennäler“), der mit einer großzügigen Spende zu diesem sehr gelungenem Abend beigetragen hat.