Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums bei St. Michael feiern das kreative Schreiben mit eigenen Texten. Von den Autorinnen und Autoren selbst gelesen und berührend in Szene gesetzt, begeistern diese ihr Publikum.
Gut 100 neugierige Freunde, Fans, Eltern, Literaturinteressierte fanden sich am Donnerstag, 23. Januar, im dritten Stock des Gymnasiums bei St. Michael ein, um die als „feines Neujahrsprojekt“ angekündigte literarische Soiree ganz im Zeichen des Wortes zu erleben. Unter der Überschrift „Wortschätze“ starten die jungen Autorinnen und Autoren ihren Abend im so genannten Glasraum, wo unter den futuristischen Ring-Leuchten an der Decke ein Ensemble aus verschiedensten Stehlampen eine kleine Bühne illuminiert.
Junge Autorinnen und Autoren aus den Klassenstufen sieben bis zwölf haben für diesen Abend ihre ganz persönlichen Texte jenseits der schultypischen Interpretationen und Erörterungen geschrieben. In einem Workshop mit Poetry-Slamer Michl Jakob im Dezember wurden Ideen angestoßen, Tricks geübt und auch die Erkenntnis gewonnen, dass es an der Schule gar nicht so wenige Jugendliche gibt, die Lust haben, ihre Werke auch vorzutragen. Als Themen wurden die drei Schlagworte „besondere Begegnung“ (Kl. 7/8), „loslassen“ sowie „wer bin ich“ (Kl. 9-12) abgestimmt. 19 Schreibwütige halten nun an diesem Abend ihre Skripte in der Hand und bringen zu Gehör, was sie bewegt. Den Anfang machen die jüngeren Schülerinnen, musikalisch umrahmt von der „netten Begegnung“, die der Musik-Leistungskurs intoniert. Doch anders als in dem Song, in dem eine Begegnung sich ins absolut Belanglose auflöst, nimmt jede einzelne Geschichte die Hörer mit: Das Gespräch der schusseligen Autofahrerin mit dem rosa Häschen (Leni Massa), der verrückte Urlaub mit dem liebenswertesten Lügenbold der Welt (Solvejg Slunitschek), der gefleckte Hund, der das Leben wieder bunt macht (Maline Sturm, gelesen von Emma Schmidt) und das wahrhaft warme Lächeln im „Text mit einem Komma“ von Anna-Lena Seidel, gelesen von Jemima Renke. Und so kann auch das Raumkonzept dieser Soiree ihr Publikum nicht gemütlich im Sessel sitzen lassen. Laura Rauscher trägt ihre Großstadtfantasie im Treppenhaus auf dem Weg zur Sternwarte vor, darauf sammelt Sara Hessentaler eine Luftballontraube ein und wirft mit den Ballons ihre Worte in „Gebet“ an den Himmel. Sie bringt das Publikum ins grelle Flurlicht, wo Jonas Käpplinger seinen Sessel vor dem kalt-metallenen Hintergrund des Fahrstuhls postiert hat und den Protagonisten seiner Geschichte einen Dialog mit seinem lebendigen Spiegelbild führen lässt. In den beiden ganz unterschiedlichen italienischen Gedichten einer Gruppe aus der Italienischklasse 9, die den zweiten Teil einleiten, sowie einem Übersetzungsprojekt, das noch mehrere Wochen im GSM zu erleben ist, manifestiert sich auch das Thema Europa, das am GSM großgeschrieben wird. Doch nicht nur in andere Sprachen lassen sich Texte übersetzen: Der Musik-LK zeigt anhand zweier Beispiele, dass auch Musik sprechen und erzählen kann, indem er, statt mit Worten, mit experimentellen und klassischen Klängen erzählt. Mit der Musik wechselt das Publikum erneut den Ort und hört teils sehr tiefe und ernsthafte Texte von Marta Baranowska, Viola Olbrich, Bernadette Heinritz, Malin Runde und Amelie Wieland vom kleinen Podium im intimen Halbdunkel des Musiksaals.
Am Ende setzt die Musik mit „hold on the good things“ einen optimistischen Schlusspunkt, ohne das Gewicht und die Wucht der gehobenen Wortschätze zu schmälern, die das Publikum sehr bewegt und zu begeistertem Applaus animiert.
Auch Schulleiter Frank Nagel findet begeisterte Worte des Lobes und der Anerkennung für die Leistung der Präsentierenden und dankt den verantwortlichen Lehrerinnen Jana Schellenschmitt und Annika Völk herzlich. Damit verbindet er den Wunsch, die im letzten Jahr begründete Tradition der feinen Neujahrsveranstaltungen am GSM auf alle Fälle fortzuführen. Neues Jahr, neue Geschichten.
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