„Wo die Hose anfängt, hört die Kultur auf“ – mit diesen süffisanten Worten urteilt Romulus, der letzte römische Kaiser, im Jahre 476 über die in sein Land einfallenden Germanen: Das römische Weltreich geht unter, unwiderruflich, das finstere, das blutige Mittelalter steht leibhaftig vor der Tür in Gestalt einer bewaffneten Germanenhorde. Zeit für den Römer wie ein Römer zu sterben, den schönsten aller Heldentode, süß ehrenvoll und so weiter.
Doch was sagt Roms letzter Kaiser in dieser wahrhaft welthistorischen Stunde? „Wenn die Germanen da sind, sollen sie reinkommen.“ Die Weltgeschichte, so scheint es, ist ihm gleichgültig – und erst recht seine eigene Rolle darin. „Ich möchte die Weltgeschichte nicht stören.“ Den Kaiser interessiert allein das bevorstehende Frühstück („Morgenessen“ nennt er es feierlich), ihn beunruhigt allein der mangelnde Legeeifer seiner Hennen, denen er Namen der Majestäten und Kriegshelden gegeben hat. Seinen Koch nennt er den „wichtigsten Mann“ seines Kaiserreiches – und deshalb ist er am Ende sichtbar erschüttert, als er feststellt, dass auch der Koch zu der Schar der Verschwörer gehört, die ihn töten will.
„Romulus der Große“ ist eine „ungeschichtliche historische Komödie“ – eine Komödie, so scheint es, denn es gibt viel zu lachen. Aber Romulus lässt den Untergang nicht aus Faulheit geschehen, er wünscht ihn sogar herbei, weil er erkannt hat, dass es keinen Sinn macht, Kriege zu führen, um ein Reich zu retten. Dieses großartige Stück, 1949 in Basel uraufgeführt, wurde von der Mittel- und Oberstufen-Theater AG unter der Leitung von Myriam Kossak ziemlich wortgetreu aufgeführt. Die Besetzung der Rollen war geradezu grandios, weil man den jungen Schauspielern ihre Rollen absolut abnahm und sie in ihnen völlig überzeugend aufgingen. Überaus textsicher präsentierte sich Sarah Logan als Romulus in der Hauptrolle des Stückes. Sie fesselte das gesamte Publikum, trat fast in jeder Szene auf und beeindruckte nicht nur durch ihre großen Redeanteile, die sie perfekt beherrschte, sondern auch durch ihre überzeugende Art der Darstellung. Aber auch alle anderen Figuren – zum Teil in Doppelbesetzung – gilt ein besonderes Lob. Tim Gehrke als Cäsar Rupf, einem Hosenfabrikanten aus Germanien, war die Rolle wie auf den Leib geschnitten. Überheblich mit Geld um sich schmeißend und selbstverliebt will er das römische Reich „kaufen“; der Kriegsminister Mares (Cedric Wüst), der kaum, dass er die Bühne betrat, durch seine Mimik und Gestik und vor allem in seinem römischen Kostüm, das Publikum zum Lachen brachte. Oder die beiden Kammerdiener des Kaisers (Meike Reber, Viktoria Windermudt) die, als sie ungewollt das Frühstücksei des Kaisers fallen ließen, dabei so lachen mussten, dass es den Zuschauern die Tränen in die Augen trieb. Dieser Auftritt sorgte für eine Situationskomik, die es in sich hatte. Irre komisch und trotzdem mit ernstem Hintergrund war die gesamte Aufführung, die die 22 Akteure der Theater-AG ablieferten. Besonders schön war, dass die Aula an beiden Abenden sehr gut besucht war. Selbst die neuen Fünftklässler kamen und freuten sich über die komischen Einlagen, wie zum Beispiel den Auftritt der Hühner (Leandro Stark, Anna Böttcher, Elisa Lay), die von Schülern selbst gespielt waren und gackernd und zitternd vor dem Koch mit dem Beil Reißaus nahmen. Auch wenn die ganz jungen Zuschauer nicht alles verstanden, über die Germanen in Lederhosen, die Römer mit ihren Umhängen, die Kämmerer des Kaisers Zeno ( Lynne Dörr, Lorenz Old) , die in ihren Kutten an den Ku-Klux –Clan erinnerten, weil sie ständig ihre Kutten über die Augen trugen, sorgten dafür, dass alle Zuschauer sich kaiserlich an diesem Abend amüsierten.
Untermalt wurde die gesamte Inszenierung mit Live-Musik. Andreas Knoblich spielte je nach Stimmung bekannte Motive aus „Ben Hur“ über Wagners „Ring der Nibelungen“ bis zu Werbemusik ein.
Dies war eine geniale Aufführung, bei der es gar nicht möglich ist, in einem kurzen Bericht allen Schauspielern gerecht zu werden. Besonderer Dank gilt den Abiturienten, die bereits die Schule verlassen haben und es sich einrichteten, um bei den beiden Aufführungen mitzuwirken. Der Schulleiter Frank Nagel zeigte sich überaus beeindruckt und bedankte sich bei allen Mitwirkenden mit den Worten: „ Dieses Stück hat bis heute nichts an Aktualität eingebüßt und vielleicht ist die Idee Dürrenmatts, manchmal lieber Hühner zu züchten, nicht ganz unvernünftig.“ Genau so hat es sich Dürrenmatt vorgestellt.